Traumjob ist immer der, den man hat! (So sollte es es sein,aber…)

Ich kann es nur immer wieder betonen: ich bin in vielerlei Hinsicht ein Glückskind! Unter anderem hatte ich das Glück im zarten Alter von 15 von einem phantastischen Friseurteam in Düsseldorf zu meinem Traumjob inspiriert zu werden. Trotzdem habe ich (damals noch) volle 13 Jahre die Schulbank gedrückt. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das für völlig unnötig. Wäre es nach mir gegangen hätte ich mit 16 die Schule geschmissen und wäre raus in die Berufswelt gezogen. Heute vermute ich dass ich diesen Entschluss bitter bereut hätte, denn die drei Jahre haben mich reifen lassen und mir natürlich auch ein gewisses Maß an Allgemeinbildung verschafft, die mir meine berufliche Laufbahn um einiges erleichtert haben. Ich denke wenn ich mit 16 meine Ausbildung begonnen hätte, hätte ich den hohen Anforderungen die von Anfang an an mich gestellt wurden nicht erfüllen können und hätte meinen Traumjob vielleicht schon nach kurzer Zeit an den Nagel gehangen. Was lernen wie daraus? Manchmal hat Mama eben recht!!!?

Aber noch etwas anderes kann man daraus lernen, was mich zum eigentlichen Thema bringt. Am Wochenende fiel mir ein Werbeplakat der Handwerkskammer ins Auge. Nicht dass ich missverstanden werde. Ich freue mich dass die Handwerkskammer keine Kosten und Mühen scheut um den Nachwuchs für das Handwerk zu interessieren! Aber diese Aussage halte ich für den falschen Weg!

Manchmal beneide ich die „jungen Leute“ heutzutage! Sie haben soviele Möglichkeiten. Kaum noch einer startet direkt nach der Schule in den Beruf oder ins Studium. Es wird geworked und getravelt bis Papas Konto glüht. Nach mindestens einem Jahr chillen schreibt man sich für ein cool klingendes Studium wie „International Business Manager“ ein um entweder nach einem Semester festzustellen das man dafür ja Mathe können muss oder zumindest den Ehrgeiz haben sollte sich gewisse Dinge selbständig anzueignen, oder nach 6 durchgefeierten Semestern festzustellen dass ja alle das gleiche studiert haben und das es eigentlich gar keine Jobs für diesen Traumstudiengang existieren. Also wird noch irgendein beliebiger Studiengang drangehangen (natürlich nur wenn Papa noch mitspielt) oder man wird eben doch Versicherungsvertreter. „War ja eigentlich eh von Anfang an der Plan“.

Kann man alles machen. ABER: die Lehrzeit im Handwerk ( ich kann natürlich eigentlich nur für die Friseurbranche sprechen, aber ich denke das Vertreter anderer Branchen mir zustimmen) ist Zeit zum ausprobieren!!! 

Natürlich kann nicht jeder schon mit 18 wissen ob er mal selbständig sein will, vielleicht an einer Berufsschule unterrichten möchte, einen Betrieb führen oder mit einem „einfachen“ Angestelltenverhältnis bis zur Rente zufrieden ist. Aber wer mir der Einstellung seine berufliche Laufbahn beginnt „ach, gucken wir mal was so kommt“ wird im Handwerk nie etwas erreichen. 

Ich denke es ist wichtig sich darüber im Klaren zu sein, dass wer mit wenig zufrieden ist bei uns auf der Strecke bleibt. (Thema Mindestlohn) Wer seine Ausbildungszeit einfach nur absitzt und irgendwie durchrutscht, keine Eigeninitiative oder Herzblut zeigt, wird in unserem Fall am Ende im besten Fall beim „10€ Laden“ einen Job kriegen.

Viel schlimmer kann sich aber eine solche Einstellung auf die Betriebe auswirken, gerade auf einen kleinen wie meinen. Wir investieren viel Zeit, Geld und Nerven in unsere Azubis, und wenn sie dann nach einem halben Jahr feststellen das sie doch lieber Bäcker werden wollen ist all das verloren. 

Ich sehe einen Lehrling als Investition! Natürlich investiere ich in seine Zukunft, aber ebenso in die erfolgreiche Zukunft meines Unternehmens. Und das kann ich auch nicht mal „ausprobieren“. 

Wie könnte eine Lösung aussehen? Ich denke die Lösung liegt im Bildungsauftrag der Eltern, aber auch der Schulen. Jeder der sich mit Berufsstartern umgibt kennt die Problematik. Es beginnt damit das sich junge Menschen kaum länger als ein paar Minuten auf eine Sache konzentrieren können (Stichwort Smartphone), ihre motorischen Fähigkeiten sind oft kaum ausgeprägt, weil sie kaum noch gefördert werden, alles dreht sich um Digitalisierung. Aber auch im Elternhaus werden grundlegende Dinge kaum noch vermittelt. Das beginnt bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit und endet darin das viele 16 jährige noch nie einen Putzlappen in der Hand hatten, geschweige denn eine Waschmaschine bedienen können. All diese Lücken führen dazu das sie die Anforderungen der Berufswelt nicht erfüllen können und schnell ihre Motivation verlieren.  

Zum Schluss noch ein positives Beispiel: In den Osterferien hatte ich einen jungen Mann im Salon, der ein freiwilliges Praktikum absolvierte.( das 4. innerhalb eines Jahres in jeweils völlig verschiedenen Berufsfeldern). Natürlich war es für ihn anstrengend, aber er war hochmotiviert und wissbegierig. Er hat im Sommer seine Schule beendet und ich hätte ihn sofort als Lehrling eingestellt. Allerdings hat er von sich aus entschieden noch 2 Jahre zur Schule zu gehen, weitere Praktikas zu machen und sich dann zu entscheiden in welche Richtung er gehen möchte. Besser geht’s nicht! Auch wenn er sich gegen den Friseurberuf entscheidet stehen ihm alle Türen offen! Meine auf jeden Fall!!!


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